“Ich bin selbst seit 1998 Hebamme und arbeite in der Geburtshilfe im Kreißsaal. Leider musste ich bei Folge 27 feststellen, dass schlecht recherchiert und einige falschen Angaben z. B. beim Medikament Meptid oder zur PDA (diese wird niemals ins Rückenmark appliziert) gemacht wurden.
Was mich sehr stört ist, dass die Hebamme S. oder eine Person aus dem geburtshilflichen Team aus dieser Klinik, nicht selbst zu Wort kommen und deren Wahrnehmung der Situation nicht geschildert wird.
Die Darstellung erweckt im Podcast beim Zuhörer den Eindruck, als hätte die Hebamme aus masochistischen Gründen so gehandelt.
Was ich aber als Fachfrau zwischen den Zeilen heraushören kann ist, dass das geburtshilfliche Team an diesem Tag unter enormem Arbeitsaufkommen, unter Platznot, unter Zeitnot usw. arbeiten musste.
Ich sehe auch Hebammen als Opfer der Gesundheitspolitik, des Krankenhausträgers und der Gesellschaft, die alle tolerieren, dass Hebammen und Gynäkologen seit mindestens 10 Jahren permanent überlastet und unter Anspannung arbeiten müssen, dass wir nie unsere gesetzlich vorgeschriebene Pause einhalten können, gehäuft länger bleiben müssen, auch wenn die Schicht schon seit 2 Stunden vorüber ist und dass wir immer in der Angst leben müssen, dass wir wegen geburtshilflichen Schäden am Kind verklagt werden.
Natürlich darf ein Medikament nicht ohne Aufklärung gegeben werden, aber die Ansprüche, die die Gebärende/Catrin an das Team bei dieser Geburt gestellt hat, waren hoch und konnten in so einem Dienst nicht befriedigt werden, weil es einfach manchmal (nicht aus Faulheit oder Unwillen) nicht geht, weil wir gleichzeitig 3 Gebärende zu versorgen müssen. Wir Hebammen fordern seit Jahren eine 1:1 Betreuung in der Politik, in der Gesellschaft, bei den Krankenkassen und bei der Klinikverwaltung. Leider werden wir nicht gehört.
Was mir noch am Herzen liegt ist eine Anmerkung zum Thema Schmerz. Wir Hebammen machen den Wehenschmerz nicht, sondern wir begleiten die Frauen bei den Schmerzen. Schmerz ist ein sehr subjektives Empfinden und es fällt auf, dass die Schmerztoleranz in der Gesellschaft kontinuierlich abnimmt. Immer wieder hören wir: „ich kann sonst super gut Schmerz ertragen, aber das hier ist eine 12 von 10“, selbst wenn Frauen noch nicht mal richtig unter der Geburt sind, sondern in der Latenzphase.
Im geschilderten Fall halte ich die Wahl
und Veranlassung der PDA durch die Hebamme für fachlich und medizinisch korrekt, vor allem weil Sie im Podcast nicht müde werden zu betonen, wie unerträglich die Schmerzen bei Catrin waren. Allerdings hätte sich die Gebärende auch dagegen entscheiden können, denn das Legen einer PDA erfordert die aktive Mithilfe der Kreißenden. Wenn sie diesen Eingriff nicht gewollt hätte, hätte sie das dem Anästhesisten mitteilen können. Außerdem hätte sie die PDA für den geplanten Kaiserschnitt wegen der Übertragung von 2 Wochen sowieso gebraucht. Mich mutet es etwas unstimmig an, dass man entweder eine Geburt mit höchstens dem Medikament Buscopan wünscht oder dann einen geplanten Kaiserschnitt. Das ist wie „schwarz oder weiß“, ohne Zwischenstufen.
Es tut mir für Catrin und ihren Sohn sehr leid, wenn die Geburt subjektiv für sie so belastend war, aber die Fokussierung auf das Personal im Kreißsaal und die Schuldzuweisungen sind unfair. Ich komme jedenfalls öfters nach Hause und frage mich, ob ich noch Jahre so weiter arbeiten kann oder ich mitten im Burn out stecke. Ich denke, dass die vaginale Geburt und die Kreißsaalhebammen unter dieser Belastung aussterben werden.”
Hebi1973 via Apple Podcasts ·
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08/10/24