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Aufklärung wurde und wird oft auf Vorurteilsfreiheit reduziert. Sie ist noch deutlich mehr als dieses, aber sie ist ohne Zweifel auch dieses: Sie macht nicht nur frei von äußerlichen Vormündern, sondern auch von jener einst äußerlichen Vormundschaft, die wir längst in unser Inneres aufgenommen haben und nun für eigene Anschauung halten mögen. Doch was unter Vorurteilen in der Hauptsache verstanden wird, das wechselt von Zeit zu Zeit. Und darüber hinaus reichen die Vorurteile weit tiefer, als viele meinen, ist Vieles, das den Menschen ganz selbstverständlich ist und das sie für Tatsache halten, auch nur ein Vorurteil.
Auch wer scheinbar einem Vormund folgt, folgt doch in Wahrheit vielmehr dem eigenen Vorurteil: 0:08
Im Zeitalter der Aufklärung dachte man bei Vorurteilen insbesondere an die des Aberglaubens und des Fanatismus: 13:37
Heute denkt man bei Vorurteilen insbesondere an Rassismen, d. h. an gruppenbezogene Vorurteile: 15:03
Philosophie als voraussetzungslose Wissenschaft von der Wissenschaft stellt radikal sämtliche Vorurteile in Frage: 22:36
Georges Bataille fragte, ob Verschwendung notwendig etwas Schlechtes und zu Vermeidendes ist: 27:19
Friedrich Wilhelm Nietzsche fragte, ob wir Wahrheit oder Gutes und nicht lieber Lüge oder Böses erstreben sollten: 29:30
Johann Gottlieb Fichte fragte, ob ein Ding an sich ist, von dessen Sein man sprechen könnte: 31:51
Diese drei Beispiele mögen ohne tiefere Beschäftigung mit der Philosophie schwer verständlich sein, zeigen aber, in welcher Radikalität sich Vorurteile hinterfragen lassen: 34:52
Eine Frage impliziert nicht notwendig eine bestimmte Antwort, und was hinterfragt wird, ist damit noch nicht gleich verworfen: 38:43
Vorurteile sind nicht dasselbe wie Irrtümer: 39:58
Es kommt bei der Aufklärung und Vorurteilsfreiheit darauf an, nicht bloß richtige Meinungen zu haben, sondern seine Meinungen kritisch zu prüfen: 42:54
Wer Interesse an den drei im Vortrag angesprochenen Philosophen und ihren Gedanken hat, dem empfehle ich für den Einstieg:
Bataille: Der verfemte Teil.
Nietzsche: Zur Genealogie der Moral (http://www.nietzschesource.org/#eKGWB/GM).
Fichte: Die Bestimmung des Menschen (http://www.zeno.org/Philosophie/M/Fic...).
Der Aufgeklärte handelt nach einer Idee und sucht diese in der materiellen Welt zu verwirklichen. Ein solcher Idealismus aber, ein solches Geleitet-Sein durch die Vernunft ist selten, ja heute vielfach ganz unbekannt. Wo er fehlt, ist der Mensch stattdessen von der Sinnlichkeit geleitet, er wird...
Published 12/18/21
Der Aufgeklärte ist Idealist vor allem in praktischer Rücksicht. D. h. anstatt sich von der materiellen Welt bestimmen zu lassen und ihr Sklave zu sein, nimmt er sie nur als Material zur Verwirklichung der Ideen. Diese Ideen sind es, Bilder, die er nicht aus der Erfahrung nimmt, sondern aus...
Published 12/11/21