Description
Der Aufgeklärte hat wohlgegründete Überzeugungen. Der Unaufgeklärte dagegen hat nur leere Meinungen. Weil aber auch er ein Vernunftwesen ist, muss er, will er diese überhaupt irgendwie begründen, wenigstens implizit auf Grundsätze zurückführen. Und über diese Grundsätze lässt sich den Meinungen begegnen: Wird A vertreten und mit X begründet - so lässt sich X angreifen; es lässt sich zeigen, dass A gar nicht aus X folgt, selbst wenn man X gelten lässt; es lässt sich aufzeigen, dass aus X vielleicht A, jedenfalls aber auch B folgt, wobei B etwas ist, was man nicht vertreten möchte, weshalb man X verwerfen muss; oder es lässt sich demonstrieren, dass X sich selbst aufhebt. Alle diese Möglichkeiten, zumal die letzteren, sind jedoch mehr für das eigene Nachdenken und die Probe bestimmter Meinungen zu empfehlen, als dass es hierdurch oft gelänge, Unaufgeklärte von ihren Meinungen, d. i. ihren Dogmen und Vorurteilen, abzubringen.
Der Mensch soll nicht meinen, sondern seine Überzeugungen aus Grundsätzen entwickeln, weshalb Debatten auch nicht über Meinungen zu führen sind, sondern Grundsatzdebatten zu sein haben: 0:08
Wird eine Meinung durch einen Grundsatz begründet, wozu der Mensch stets gezwungen ist, so gibt es mehrere Möglichkeiten, dieser Meinung entgegenzutreten: 4:10.
1. Man kann dem Grundsatz, auf den sich berufen wird, widersprechen: 6:41
2. Man kann aufzeigen, dass die vertretene Meinung gar nicht aus dem Grundsatz folgt, auf den sich berufen wird: 12:03
3. Man kann aufzeigen, dass aus dem Grundsatz, auf den sich berufen wird, nicht nur die vertretene Meinung, sondern noch Anderes folgen würde, das aber abgelehnt wird: 25:28
- Diese Argumentationsweise ist gut geeignet, viele verderbliche Meinungen als solche zu erkennen und zu verwerfen; bei Denen, die solcherlei Meinungen hegen, wirkt sie aber meist nicht, sondern macht man sich hierdurch nur unbeliebt: 33:53
4. Man kann aufzeigen, dass der Grundsatz, auf den sich berufen wird, sich selbst widerspricht: 44:16
- Die meisten philosophischen Systeme lassen sich widerlegen, indem man derart ihre inneren Widersprüche aufdeckt: 52:05
- Auch diese Argumentationsweise bringt selten einen Unaufgeklärten von seiner Meinung ab: 1:03:22
Jeder kann über die hier beschriebenen Wege, auch wenn es ihm nicht gelingt, andere zu überzeugen, für sich Meinungen prüfen und, so sie sich als falsch erweisen, verwerfen: 1:05:28
Wahre Freiheit des Denkens besteht nicht darin, eigene Meinungen, sondern darin, Prinzipien zu haben: 1:06:20
Ich komme in diesem Vortrag darauf zu sprechen, dass es im Koran kein Beschneidungsgebot gibt. Von Beschneidung spricht der Koran nicht. Dies kann ich nicht beweisen, da sich ein empirisches Nichtvorhandensein nie beweisen lässt, immer nur ein Vorhandensein; ich kann also bloß jedermann herausfordern, sollte ich irren, mir den entsprechenden Koranvers vorzulegen.
Der Aufgeklärte handelt nach einer Idee und sucht diese in der materiellen Welt zu verwirklichen. Ein solcher Idealismus aber, ein solches Geleitet-Sein durch die Vernunft ist selten, ja heute vielfach ganz unbekannt. Wo er fehlt, ist der Mensch stattdessen von der Sinnlichkeit geleitet, er wird...
Published 12/18/21
Der Aufgeklärte ist Idealist vor allem in praktischer Rücksicht. D. h. anstatt sich von der materiellen Welt bestimmen zu lassen und ihr Sklave zu sein, nimmt er sie nur als Material zur Verwirklichung der Ideen. Diese Ideen sind es, Bilder, die er nicht aus der Erfahrung nimmt, sondern aus...
Published 12/11/21