HTA Ringvorlesung WS 20/21 Bettine Menke
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Vortrag Bettine Menke: Die Rechts-Ausnahme des „Flüchtlings“ – die Demokratie der Hinzu-KommendenGiorgio Agambens Äußerung, „Flüchtling“ sei „die einzige Kategorie, die uns heute Einsicht in die Formen und Grenzen einer künftigen politischen Gemeinschaft gewährt“, taugt mir zum Ausgangspunkt. Denn „Flüchtling“ ist Figur der spezifischen, durch staatliche Regularien erzeugten, Nicht-Zugehörigkeit: Als Ausnahme von der vermeintlichen Normalität unter nationalstaatlicher Vorgabe, als Ausnahme vom Recht, die polizeilichen Maßnahmen überantwortet. Das ist, vereinfacht gesagt, der Vogelfreie; von diesen, die der National-Staat mit seiner Gründung ­schon (als Nicht-Zu­ge­hörige) schaffe, spricht Arendt, deren historisch gesättigte Darstellung der mas­senweisen Erzeugung von Flücht­lin­gen nach Nationalstaatsprinzip im 20 Jh. gegenwärtig diagnostisch zutrifft. Die spezifische Ausnahme, die Flüchtlinge vom Mo­ment ihres Grenz­über­tritts an als Illegale definiert und im „Nie­mands­land“ des Irregulären festhält, muß als dringliche Frage nach dem Verhältnis von Demokratie und Repräsentation, bzw. Repräsentier­barkeit aufgefasst werden. Sie erfordert, die Unterminierung der Gewiss­hei­ten von Zu­ge­hörigkeit (zu Gemeinschaft(en)) zu denken, wie damit der Anforderung zur Delimitierung der Demokratie zu folgen: „Kein numerus claususfür die Hinzukommenden“ (Derrida).Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Krise der Demokratie westlicher Prägung, auf die vielerorts die Rückkehr zu autoritären Herrschaftsformen und Strukturen antwortet, lädt die Ringvorlesung Künstler*innen und Wissenschaftler*innen aus dem Umkreis des Theaters und der Performance sowie der mit ihnen beschäftigten Wissenschaften dazu ein, sich über das Verhältnis von Theater und Demokratie Gedanken zu machen. Dabei sollen einerseits die gegenwärtigen Probleme und Krisen der klassischen Vorstellungen von Demokratie reflektiert werden: Die nur global zu lösenden Probleme Migration, Erderwärmung und ökonomische Monopolisierung, die mit der Globalisierung verbundene Entwertung der alten Akteure und Institutionen, etwa der Nation und ihres Parlaments, die Erkenntnis der Mitverantwortung des Westens und seiner Wirtschaftsordnung an einer großen Zahl der gegenwärtigen Probleme. Andererseits soll aber auch gefragt werden, welcher Mensch oder welches Subjekt auf die so beschriebenen Herausforderungen wird antworten können?
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Published 06/14/23
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