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Beethoven erzählt eine Geschichte: Der Abschied (erster Satz) eines geliebten Menschen ist schmerzhaft, die Postkutsche verschwindet mit Hörnersignalen und Pferdegetrappel am Horizont. Die Abwesenheit (zweiter Satz) ist eine Zeit der Trauer. Die Rückkehr (dritter Satz): explodierende Freude. Und doch, sagt Igor Levit, gibt es nicht nur eine einzige Geschichte: Jeder hört eine andere. Denn Musik ist tönende Luft.
Published 06/01/20
"Presto alle tedesca" - eine Presto auf deutsche Art: In seiner G-Dur-Sonate op. 79 ließ sich Beethoven von einem Jugendwerk inspirieren, der Musik zu einem Ritterballett für ein höfisches Fest in Bonn, bei dem man in "altdeutscher Tracht" erschien. Aber diese witzige und vor Ideen funkelnde Musik pfeift auf alle Klischees. Sie ist leicht, geistreich, sie kommt auf den Punkt und ist blendend gelaunt. Für Igor Levit der Beweis, dass sich alle 32 Sonaten lohnen, gerade auch die weniger...
Published 06/01/20
Ein Kleinformat, aber extrem gehaltvoll: Die Fis-Dur-Sonate op. 78 hat nur zwei Sätze. Und die haben es in sich. Im ersten darf sich das Klavier aussingen: Beethoven, der Melodiker. Auch wenn immer wieder kleine Temperamentsausbrüche die Idylle stören. Der zweite Satz stürzt sich in einen schwindelerregenden Geschwindigkeitsrausch: eine Etüde auf Speed. Ziemlich abgefahren, findet Igor Levit.
Published 06/01/20
Der erste Satz ist existenziell, mit unerbittlich festgehaltener Spannung vom ersten bis zum letzten Takt. Der zweite Satz täuscht einen Scheinfrieden vor, bevor er in die fatalistische Dunkelheit des Finales mündet. Beethovens Sonate f-Moll op. 57 wurde berühmt als "Appassionata", die Leidenschaftliche. Für Igor Levit ist sie ein einzigartiges Gesamtkunstwerk, gnadenlos konsequent in ihrem schwarzen Fatalismus.
Published 06/01/20
Ein charmantes Menuett wird von wütenden Triolen zerfetzt: Im ersten Satz von op. 54 lässt Beethoven zwei maximal kontrastierende Abschnitte aufeinanderprallen. Nichts, aber auch gar nichts haben sie miteinander zu tun. Zuerst. Doch die Begegnung verändert die Musik. Und am Schluss, oh Wunder, verbinden sich die Gegensätze. Das Finale ist dann ein einziger Bewegungsrausch, schweißtreibend, schwindelerregend, euphorisch und hysterisch. Eine von Beethovens eigenwilligsten und inspirierendsten...
Published 05/04/20
Für Igor Levit ist es das Herzensstück schlechthin. Die Waldsteinsonate op. 53 hat eine unvergleichliche Energie: Vibration, pure Lebendigkeit, Glückshormone. Ein Wendepunkt in der Geschichte der Klaviermusik. Ein Neustart. Impuls und Inspiration für alles, was auf dem Klavier im 19. Jahrhundert folgen sollte. Franz Liszt wäre unvorstellbar ohne dieses Stück. Der langsame Satz erzählt vom Suchen, das Finale vom Finden: Eine Hymne ans Leben. Für Igor Levit ist dieses Werk unter allen...
Published 05/04/20
Nur die Noten - keine Dynamik: Sonst ist Beethoven doch so penibel mit den Lautstärkeangaben! In der G-Dur-Sonate op. 49/2 fehlen sie. Für Igor Levit eine willkommene Aufforderung, die eigene Phantasie spielen zu lassen. Ansonsten: Wieder ein Stück für den Unterricht - knapp, witzig, auf den Punkt. Und nicht ohne doppelten Boden: Ist das "Tempo di Menuetto" wirklich so harmlos - oder nicht doch augenzwinkernd? Sicher ist diese Musik raffinierter, als es beim ersten Hören scheint. Ein...
Published 05/04/20
Überraschung: Beethoven, der mittlerweile berühmt-berüchtigte Musik-Revolutionär, zaubert aus seinem Archiv zwei kleinformatige und überaus liebenswürdige Jugendwerke hervor. Die beiden Sonaten op. 49 haben beide nur zwei Sätze. Beide sind Studienstücke, gedacht für den Unterricht. Überschaubar im Anspruch, erstklassig in der Ausführung, findet Igor Levit. Richtig gute Musik, mit der aus Lernen Vergnügen wird.
Published 05/04/20
Der Sturm hat sich verzogen. Zum Abschluss der Dreiergruppe op. 31 erkundet Beethoven Welten des Glücks. Manchmal zögernd und suchend, aber immer hell. Und im Finale schreibt er echte Pianisten-Musik: Ein virtuoser Bewegungsrausch, ein bisschen Show-Off - und für Igor Levit trotz aller Schweißperlen die pure Freude.
Published 04/06/20
In seiner Sturm-Sonate op. 31, Nr. 2 erfindet Beethoven eine revolutionäre Dramaturgie: Die Geburt der Tragödie aus dem Klang. Und er zieht uns in einen erbarmungslosen Strudel dunkler Ereignisse. Im langsamen Satz gibt es zwar Inseln des Glücks. Doch die bleiben unwirklich. Die Schwärze und Atemlosigkeit des Finales empfindet Igor Levit als brutal und emotional unglaublich fordernd. Und doch ist die Sturm-Sonate für ihn eines von Beethovens vollkommensten Werken.
Published 04/06/20
Die Musik blinzelt, frotzelt, täuscht an: In der Sonate op. 31, Nr. 1 spielt Beethoven über Bande. Gefragt sind Reaktionsschnelligkeit und Sinn für schrägen Humor. Etwa, wenn im langsamen Satz eine Opernsängerin parodiert wird, die sich in überdrehten Koloraturen verirrt. Ein Riesenvergnügen für Igor Levit. Und für uns.
Published 04/06/20
Nach dem apokalyptischen Schluss der Mondscheinsonate setzt Beethoven erneut auf Kontrast: In der Sonate op. 28 gönnt er sich und uns Entspannung in der Natur. Besonderen Spaß hat Igor Levit an den urkomischen Momenten in den Mittelsätzen.
Published 04/06/20
Ein weiter Raum - und ein Mensch: Im berühmtesten aller Sätze aus Beethovens Klaviersonaten, dem ersten aus der sogenannten "Mondscheinsonate", entwirft Beethoven ein suggestives Bild der Einsamkeit. Und im düsteren Finale endet alles in brutaler, schwärzester Verzweiflung. Aber Igor Levits Lieblingssatz ist der mittlere: "eine Blume zwischen zwei Abgründen" nannte ihn Franz Liszt.
Published 03/16/20
"Sonata quasi una fantasia" schrieb Beethoven über seine beiden Sonaten op. 27. Zwei Sonaten, die fast freie Fantasien sind. Beethoven fängt an, mit der Form immer wildere Experimente zu machen. Igor Levit liebt das. Op. 27, Nr. 1 überfällt den Hörer immer wieder mit kleinen Schocks, wirkt dabei komplett unvorhersehbar, wie aus dem Moment improvisiert - und folgt doch einem Plan.
Published 03/16/20
Erzählt uns Beethoven in seiner Sonate op. 26 eine Geschichte? "Auf den Tod eines Helden", so ist der langsame Satz überschrieben, ein Trauermarsch. Frédéric Chopin war fasziniert davon. Doch Igor Levit sieht darin nur eine Szene, etwas Imaginäres, nicht das wahre Leben. Das holt uns im übermütigen Finale wieder auf den Boden.
Published 03/16/20
Vor den Sechzehntel-Raketen im ersten Satz betet Igor Levit erstmal drei "Vater unser". In der Sonate op. 22 zieht Beethoven Zwischenbilanz: Ein Freiluft-Stück in bester Laune, allerdings höllisch virtuos. Und eine Rückschau auf das bisher Erreichte mit Grüßen an Haydn und Mozart. Und gelegentlich auch an Etüden und feiernde Bauern.
Published 03/16/20
Elegant der erste Satz, komisch der zweite, rasant der dritte: Diese Musik ist pure Freude. Auch wenn Beethoven in der Sonate op. 14, Nr. 2 manchmal etwas poltert. Igor Levit stellt sie in dieser Folge näher vor.
Published 02/18/20
Im Kleinformat geht's weiter: Die beiden Klaviersonaten op. 14 hat Igor Levit schon als Kind gespielt. Unterschätzen darf man sie nicht - schließlich überwindet Beethoven darin die Gesetze der Physik. Jedenfalls verlangt er das von den Pianisten. In dieser Folge stellt Igor Levit die Sonate E-Dur op. 14 Nr. 1 vor. Bei der Gelegenheit erklärt er auch die drei Pedale des Flügels.
Published 02/18/20
Zu nah, zu schmerzhaft, zu langsam, zu schnell: In seiner "Grande Sonate Pathétique" op. 13 forciert Beethoven den musikalischen Ausdruck bis zum Zerreißen. Igor Levit stellt die populäre Klaviersonate genauer vor.
Published 02/18/20
Der langsame Satz aus op. 10 Nr. 3 bohrt sich in eine dunkle Gefühlswelt. Für Igor Levit der tiefsinnigste langsame Satz in Beethovens Klaviersonaten bis zur Hammerklaviersonate. Und das Finale tröstet und umarmt.
Published 01/28/20
Ein größerer Gegensatz zur vorigen Sonate ist kaum denkbar: In op. 10 Nr. 2 dreht Beethoven eine Nase. Wem? Den Hörerinnen und Hörern, den Pianisten, den Konventionen der Zeit - und sich selbst. Warum? Weil er's kann.
Published 01/28/20
Beethoven greift an. Den Hörer, den Pianisten, das Klavier. Er strapaziert, er überfällt. Und das ist wunderbar. Die dramatisch zerklüftete Sonate Op. 10 Nr. 1 eröffnet eine kontrastreiche Dreiergruppe.
Published 01/28/20
In Folge 4 geht es um ein unterschätztes Meisterwerk: Die Sonate op. 7 wird selten im Konzert gespielt. Warum? Sie ist höllisch schwer, irre lang - und endet ganz unspektakulär im pianissimo. Also viel Mühe, die meist mit wenig Ovationen belohnt werden. Igor Levit liebt sie trotzdem. Und er entdeckt darin Beethovens Aufbruch in die Romantik. An einer wenig beachteten Stelle zeigt er, wie Beethoven aus simpelsten Modellen, ja fast aus Geräusch eine ganz neue Musik entstehen lässt, die Bilder...
Published 01/07/20
In seiner dritten Klaviersonate kombiniert Beethoven den Humor der zweiten mit dem radikalen Ernst der ersten. Und er demonstrierte seinen Zeitgenossen, dass er nicht nur als Komponist ein Revolutionär war, sondern auch als Pianist überragende Fähigkeiten hatte: Im Grunde, sagt Igor Levit, ist die Sonate op. 2 Nr. 3 in C-Dur ein verkapptes Klavierkonzert. Und der glanzvoll virtuose Abschluss der Sonaten-Trilogie, die Beethoven als Opus 2 veröffentlichte.
Published 01/07/20