Vor einigen Jahren hätte sich Heike Witte kaum vorstellen können, dass sie eines Tages für´s Schwimmen ihren Job an den Nagel hängen würde. Doch dann ist es genau so gekommen - und ihr strahlendes Gesicht an diesem Sonntagmittag im Strandbad Tegeler See macht klar, dass ihr nichts Schöneres hätte passieren können.
Angefangen hat alles damit, dass die Veranstaltungsmanagerin 2014 begann, sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Damals überlegte sie, welche Integrationsmöglichkeiten es für diese Menschen hier geben könnte und las durch Zufall, dass überall Rettungsschwimmer gesucht werden. Das ist doch vielleicht eine Idee für Menschen, die selber oft unter widrigsten Umständen übers Meer nach Europa gekommen sind, dachte sie sich. Die Rettungsschwimmerausbildung kann in Deutschland nämlich jeder machen, egal, welchen Aufenthaltsstatus er oder sie hat - und sie ist dann international gültig.
Zunächst suchte Heike einen Ausbildungsplatz für zwei junge Syrer. Als die dann ihren Rettungsschwimmer erfolgreich bestanden hatten, wandte sie sich an den Berliner Verein TV Waidmannslust - und stieß auf ein ganz großes, offenes Ohr: Die Schwimmabteilung im Verein war kurz vor dem Ende, man fand einfach keine Rettungsschwimmer mehr - die beiden jungen Männer waren hochwillkommen. Und mit den Männern kamen auch wieder Kinder in den Verein - Kinder aus Flüchtlingsheimen, die unbedingt schwimmen lernen wollten.
Das war der Anfang. Es sprach sich rum. Noch mehr Männer aus den Flüchtlingsunterkünften wollten Rettungsschwimmer werden - mussten zum Teil aber erstmal selber schwimmen lernen. Und dann waren plötzlich auch geflüchtete Frauen interessiert, schwimmen zu lernen - allerdings nur, wenn Heike ihnen das beibringt.
"Das war eine Katastrophe", erzählt Heike lachend - denn sie hatte weder einen Rettungs- oder Trainerschein, noch konnte sie die Sprache der Frauen. Sie hat es trotzdem gemacht. Der Deal: Nur im flachen Wasser und ein Rettungsschwimmer, der zuschaut, muss immer dabei sein!
Die Frauen haben es geschafft - und Heike auch. Mittlerweile hat sie längst ihren Rettungsschwimmer und ihren Trainerschein und macht das Ganze hauptberuflich. Am liebsten im Strandbad Tegeler See, an ihrer Seite: Rettungsschwimmer und Rettungsschwimmerinnen mit Flüchtlingshintergrund. Sie bringen jedem das Schwimmen bei, der oder die das lernen will. Und am Wochenende - wenn es nicht allzu voll ist - sogar umsonst. Auch Camps organisiert Heike hier im Sommer. Und ab Mai aktiviert sie ihren Tiktok-Schwimm-Kanal, wo sie "ohne viel blabla" erklärt, wie das funktioniert mit dem Schwimmen: frauheike_online
Für Heike sind geflüchtete Menschen die besten Rettungsschwimmer, sagt sie - denn sie wissen, wie gefährlich Wasser ist. Alle haben unmittelbare Erfahrungen damit gemacht, zum Teil Menschen aus der eigenen Familie verloren und wissen, was täglich im Mittelmeer passiert.
Was sie weiterhin sucht, sind Menschen, die Lust haben, auch als Schwimmtrainer:in zu arbeiten: "Einfach ein cooler Beruf!" Wer Lust und Zeit hat, kann sich gern bei ihr melden:
[email protected]
https://tv-waidmannslust.de/sportarten/schwimmen/
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