Zunehmend schwierig!
In den letzten 2 bis 3 Jahren hat sich der hier in Rede stehende Podcast erheblich verändert. Die Interviewführung erlebe ich zunehmend suggestiv, teils aggressiv, etikettierend und vor allem zu stark haltungsorientiert – ausgeführt in Form von ‚teleskopischer Moralität‘ – die ‚Wahrheit‘ scheint in einem nahezu pädagogischen Habitus stets auf Seiten des Interviewers zu sein. Nun, es ist kein Geheimnis, dass Herr Jung in Akzenten haltungsjournalistisch arbeitet – das ist und war (soweit ich das als Hörer der letzten Jahre nachvollziehen kann) auch Teil des Konzepts von Jung und Naiv. Nur ist haltungsorientiertes Arbeiten stets eine Gratwanderung auf der Suche nach Erkenntnis – will heißen, zu viel davon schränkt die Weltsicht ein. Folglich kann ich mich dem Eindruck nicht erwehren, dass bestimmte Ansichten der Interviewpartnerinnen und- Partner, die weder dem Narrativ noch der Haltung von Herrn Jung entsprechen, neben berechtigter Kritik ebenfalls mit einem unbeschreiblichen Nachdruck unterbrochen, zum Teil gar abwertend-aggressiv behandelt werden. Dies erfolgt geschickt im Rückgriff auf einseitig zuspitzende (teils erheblich unangemessene) Reduktionen von Komplexität und damit verbundenen Schwarz-Weiß-Logiken. Herr Jung hat ‚natürlich nur kritisch nachfragen wollen‘ – so einfach ist dies allerdings längst nicht mehr, denn solche Aussagen verschleiern nun zunehmend despektierliches Verhalten. Besagtes zuspitzendes Vorgehen gehört ebenfalls zum Konzept von Jung und Naiv und hat einen gewissen Charme. Was einst sehr nützlich für die Öffnung des Diskurses war – ich denke hier beispielsweise an die REGPKs mit den „guten und bösen Atombomben“ (Kontext Ramstein) – überschreitet zunehmend den Zenit – schließt nun mittlerweile den Diskurs respektive driftet das eloquente charmegeprägte Agieren ab in eine Art wissenschaftlich-moralistische ‚Allwissenheit‘ (was ein Widerspruch in sich ist) gepaart mit Stigmatisierungen und Etikettierungen anderer Haltungen, geführt von einem mehr und mehr ‚genervt‘ wirkenden Interviewer. Haltungskonkordante Ansichten werden hingegen kaum kritisch, zum Teil nahezu affirmativ begleitet. Ein aktuelles Beispiel für diese Doppelstruktur zeigt sich im Interview mit Herrn Lüders, der minutiös moralistisch unterbrochen und kritisiert wird, während beispielsweise die Interviewführung mit Frau Lemke in einem Ensemble affirmativ begleitender Fragen erfolgt. Wer bei John McWhorter und anderen nachgelesen hat, kennt berechtigte kritische Perspektiven auf die hier angesprochenen Thematiken in Amerika. Ich will sagen, bei einigen Interviews beobachte ich eine nahezu suggestiv kritische Nachfragestruktur, bei anderen Interviews könnte man deutlich(!) kritischer nachfragen – und das sollte Herr Jung auch tun, denn das ‚Opfer‘ im Format ist die Multiperspektive – und dies war (und ist) ein Prozess, der sich in den letzten Jahren schleichend vollzog, allerdings nun fortwährend prägnanter zu Tage tritt. Damit korrespondiert generell die sich reduzierende Zahl der Interviews mit alternativen Perspektiven auf das gesellschaftspolitische Geschehen. Und gerade in der gegenwärtigen Diskursstruktur ist dies so wichtig wie lange nicht. Es wird sicher nicht ganz ohne Grund schwieriger Interviewpartnerinnen und- Partner, die andere Haltungen verkörpern, hierfür zu gewinnen. Für mich entsteht der Eindruck – und davon kann ich mich (sehr überlegt) nicht ganz frei machen – dass Herr Jung möglicherweise zu sehr in einer wohl als neu links-grün (oder ‚woke‘ – schwieriger Begriff, ich weiß) zu charakterisierenden Perspektive verharrt, gefolgt von einem zunehmenden Mangel an kritischer Reflexion auf das damit verbundene eigene Denken. Denn neben der berechtigten(!) Kritik an Atomkraft, Binarität, Umgang mit Migration, CO2 Ausstoß, Rechtsextremismus etc. fehlt mehr und mehr eine angemessene ebenfalls genauso berechtigte(!) Kritik an Themen wie Klimaaktivismus, Gender-Diskurs, grüner Lobbyismus, politischer und medialer Moralismus etc. und vor allem ein wenig mehr Respekt vor den Expertinnen und Experten, die nicht die eigene Haltung teilen.
Prof. Dr. Hartmut_Wild via Apple Podcasts · Germany · 04/10/24
More reviews of Jung & Naiv
Kurz und knapp...
Tron Celine via Apple Podcasts · Germany · 07/09/19
Your interview with Yanis Varoufakis was terrible. You were clearly against him but had no substantial arguments against him. Nothing that you threw at him stacked up. You were rude and negative, towards someone who is fighting for the good of the people. What are you doing for the people? Not a...Read full review »
Nitsaregross via Apple Podcasts · Australia · 08/24/17
Schöne Abwechslung zur normalen Medienlandschaft! Sehr empfehlenswert (wenn auch lang) !! "Schaue" es aber lieber bei YouTube!Read full review »
Gausus via Apple Podcasts · Germany · 09/03/17
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