(70) Rainer Maria Rilke »Herbsttag« / Giaime Pintor »Giorno d’autunno«
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Description
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Signore: è tempo. Grande era l’arsura. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los. Deponi l’ombra sulle meridiane, libera il vento sopra la pianura. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gieb ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Fa’ che sia colmo ancora il frutto estremo; concedi ancora un giorno di tepore, che il frutto giunga a maturare, e spremi nel grave vino l’ultimo sapore. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. Chi non ha casa adesso, non l’avrà. Chi è solo a lungo solo dovrà stare, leggere nelle veglie, e lunghi fogli scrivere, e incerto sulle vie tornare dove nell’aria fluttuano le foglie. Giaime Pintor (1919 - 1943) studierte Goethe und übersetzte die Werke von Heinrich von Kleist, Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke. Er war Schriftsteller, Übersetzer und Antifaschist. Mit gerade einmal 24 Jahren verlor er sein Leben im 2.Weltkrieg. Lesung Musik: Elisa Demonki
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Rache und immer wieder Rache? Jeder Krieg muß einen Besiegten aufweisen und wenn dieser nur in einem nächsten Krieg Genugtuung finden kann, einem nächsten, der natürlich wieder einen genugtuungheischenden Besiegten schaffen wird – wann nimmt das ein Ende? Wie kann Gerechtigkeit erlangt, wann...
Published 02/15/23
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Published 07/04/22