Episodes
Es gab eine Reihe von Nachfragen, ob es den Hörtext nicht auch als Buch geben könnte. Jetzt ist es so weit. In der Verschriftlichung findest du darüber hinaus Quellenverweise und ein ausführliches Literaturverzeichnis. Bestellbar bei Books on Demand: https://www.bod.de/buchshop/radikale-reformation-jens-stangenberg-9783744885355
Published 09/29/18
Published 09/29/18
Jede Gruppenbildung hat es mit mindestens vier Problemzonen zu tun: Identität und Abgrenzung, Regeln und Moralisierung, Rangordnung und Machtmissbrauch, Bewegungsrichtung und Entscheidungsgewalt. Welche Art von Bildern ist nützlich, um die Gestalt von Kirche zu visualisieren? Was wird bereits im Neuen Testament angedeutet? Wie ist es möglich, Fallgruben der Kirchengeschichte zu vermeiden? Und was können wir von "Schwarmformationen" lernen?
Published 10/28/17
Die Beschäftigung mit Personen und Themen der Radikalen Reformation hat mich verändert. Zuerst begeistert über alternative Denkansätze, dann genervt über dunkle Seiten der Kirche. Viel Gutes wurde schon früher gedacht, kam aber nicht zum Zuge. Das ist frustrierend. Und doch gibt es Anknüpfungspunkte, Gedanken von damals ins Heute zu übertragen. Es ist wichtig, sich mit den nonkonformistischen Strömungen verbunden zu fühlen und sich für eine Gestalt von Kirche orientiert an Jesus von Nazareth...
Published 10/21/17
Der Begriff "Gemeindezucht" hat einen rigorosen Klang. Leider ist die ursprüngliche Bannpraxis durch vielfachen Missbrauch in Verruf geraten. Grundlage ist ein Bibeltext aus dem Matthäus-Evangelium, Kapital 18. Dabei geht es um ein dreistufiges Verfahren, Konflikte, die innerhalb einer Gemeinschaft auftreten, zu klären. Es ist das Einüben in Beziehungssensibilität und in eine gemeinsame Beurteilung von strittigen Fragen. Idealerweise geht es nicht darum, andere zu Recht zu weisen, sondern als...
Published 10/14/17
Die meisten der reformatorischen Täufer haben den Gebrauch des Schwertes grundsätzlich abgelehnt. Sie waren nicht gegen weltliche Obrigkeit, wollten sich aber nicht an einer derartigen "Regierung nach dem Fleisch" beteiligen. Solche pazifistischen Positionen waren noch bis ins 20. Jahrhundert strafbar. Wenn wir versuchen, die gesamte Kirchengeschichte zu überblicken, dann begegnen uns vier Grundpositionen zum Krieg: (1) Kreuzzüge und Präventivkriege, (2) der gerechte Krieg, (3) christlicher...
Published 10/07/17
Ausgehend von Römer 13, 1 "Jedermann sei untertan der Obrigkeit" wurde in der Reformationszeit der Widerstand der Untertanen überwiegend als Rebellion gegen Gott gedeutet. Wenn man aber den Vers 4 als Korrektiv dazu nimmt, in dem darauf verwiesen wird, dass die Obrigkeit "Gottes Dienerin" ist, lässt sich daraus ein Widerstandsrecht ableiten. Sobald sich also eine Obrigkeit nicht dem Willen Gottes gemäß verhielt, durfte sie kritisiert oder sogar abgesetzt werden. Die Verlängerungen der...
Published 09/30/17
Die Täufer suchten danach, ein Jesus gemäßes Leben zu führen. Wie aber kann man das umsetzen, ohne naiv über alle Kulturgrenzen hinweg Jesus direkt kopieren zu wollen? Aufgrund der biblischen Berichte und der historischen Forschung lässt sich untersuchen, auf welche Weise sich Jesus gegenüber Sadduzäern, Zeloten, Essenern und Pharisäern verhalten hat. Daraus lassen sich stimmige Ableitungen für heute treffen, ohne in eine zwanghafte Bibel-Wörtlichkeit zu verfallen.
Published 09/23/17
Bis heute ist der reformatorische Konflikt um "Säuglingstaufe" und "Glaubenstaufe" nicht abschließend gelöst. Zur damaligen Zeit war es ein Ausdruck von zivilem Ungehorsam, seine Kinder nicht taufen zu lassen. Heutzutage lässt sich an der Tauffrage studieren, wie das evangelische Prinzip "sola sriptura - Allein die Schrift" sehr unterschiedlich angewendet wird, um kirchliche Traditionen zu legitimieren oder zu korrigieren. Diese Episode hat Überlänge, weil zusätzlich zum historischen Material...
Published 09/16/17
Mit dem Prinzip "sola scriptura - Allein die Schrift" wandte sich Martin Luther gegen die Lehrautorität der katholischen Tradition und die des Papstes. Als aber alle in der deutschen Bibel nachlesen konnten, was dort steht, führte dieses nur kurzfristig zu mehr Einheit. Bereits zur Zeit der Reformation wurde deutlich, dass je nach Zuordnung sowohl von "Geist" und "Buchstabe" als auch Altem und Neuem Testament unterschiedliche theologische Ansichten vertreten wurden.
Published 09/09/17
Die Leitidee des "Allgemeinen Priestertums" führte in wenigen Jahren zu einem gravierenden Umbruch in der mittelalterlichen Ständegesellschaft. Weil jeder Gläubige durch Christus unmittelbar zu Gott war, brauchte es von nun an keine vermittelnden Priester mehr. Die vertikale Abbildung einer kosmischen Ordnung verwandelte sich in eine horizontale Gleichheit aller. Allerdings wurde diese Entwicklungsrichtung bis heute noch nicht konsequent zu Ende gedacht.
Published 09/02/17
Über Frauen in der Reformation gibt es weniger historisches Material als über Männer. Das heißt aber nicht, dass sie weniger engagiert waren. Vier Frauen aus den Täuferbewegungen sollen besonders erwähnt werden: Die Straßburger Prophetin Ursula Jost, die Münsteraner Attentäterin Hille Feicken, die niederländische Dichterin Anneken Jans und die Tiroler Täuferleiterin Helena von Freyberg. An allen vieren wird deutlich, dass in der Radikalen Reformation ebenso auch Frauen mutig und profiliert...
Published 08/26/17
Nach dem Zusammenbruch des Täuferreichs zu Münster gerieten viele täuferische Gruppen in eine tiefe Identitätskrise. Ab 1540 wurde Menno Simons, Namensgeber der Mennoniten, zu einer führenden Figur. Unter seiner Leitung setzte sich im norddeutschen und niederländischen Raum die pazifistische Linie durch. Es bildeten sich abgeschiedene, freikirchliche Täufergemeinden. Parallel dazu kam es zu inneren Konflikten in Bezug auf die Reinheit der Gemeinde, was zeitweise zu einer rigorosen Bannpraxis...
Published 08/19/17
Passt christlicher Glaube und Anarchismus zusammen oder ist es ein Widerspruch in sich? Bereits zur Zeit der Hussitenkriege formulierte Peter Chelčický die Vision eines radikal gewaltlosen und hierarchiekritischen Christentums. Er berief sich dabei auf die Bergpredigt von Jesus. Die Böhmischen Brüder führten seine Gedanken weiter. Über 400 Jahre später griff Leo Tolstoi Chelčickýs Ausführungen auf und inspirierte damit Mahatma Gandhi. Es ist wichtig, als Christ anhand der Bibel in...
Published 08/12/17
Die Dynamik der Reformation entstand nicht "über Nacht". Bereits mehr als 300 Jahre zuvor wurden schon reformatorische Ideen geäußert und danach gelebt. Im 12. und 13. Jahrhundert in Südfrankreich und Norditalien: Petrus Valdes und die Waldenser, im 14. Jahrhundert in England: John Wyclif und die Lollarden und im 15. Jahrhundert in Tschechien: Jan Hus und die Hussiten. Keine dieser Bewegungen kam jedoch dauerhaft zum Durchbruch. Wer eigentlich entscheidet, was Ketzereien sind und bekämpft...
Published 08/05/17
Seit fast 500 Jahren gelingt es den Hutterern, in Gütergemeinschaften zusammen zu leben. Sie orientieren sich am Ideal der Urgemeinde und streben modellhaft nach einer gerechten und friedfertigen Welt. Was viele für naiv oder rückständig halten, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als größte Provokation für eine wohlsituierte, reiche Christlichkeit. Jakob Huter, die prägende Gestalt der Anfangsjahre, wurde 1536 in Innsbruck zum Märtyrer. Wie können christliche Gemeinschaften in einer...
Published 07/29/17
Ohne Frage geschah während der Reformation ein gewaltiger Umbruch. Viele Weichen in Richtung Neuzeit wurden gestellt. Auf der anderen Seite begegnen uns Phänomene, die man aus heutiger Sicht möglicherweise zum Fundamentalismus zählen würde: Hass auf kirchliche Obrigkeit, erbitterter Streit um die Bibel, Verfolgung von Andersgläubigen, Polemik bis ins Extreme und Gewalt in Hinblick auf das bevorstehende Endgericht. Umso wichtiger ist es, dass wir anhand der Reformationsströmungen Muster...
Published 07/22/17
Unter dem Druck der Verfolgung wurden die ersten Täufergemeinden zunehmend dezimiert und verunsichert. Pilgram Marpeck und sein Team engagierten sich dafür, das Beste aus den Anfängen der Bewegung zu behalten und die Extreme zu vermeiden. Insbesondere im Süddeutschen Raum bildete sich ein Netzwerk von lose miteinander verbundenen Täufergruppen, die durch herumreisende Älteste und durch Hirtenbriefe in Kontakt blieben. Marpecks theologische Ansichten sind von Kreativität und Balance geprägt....
Published 07/15/17
Bis 1529 waren die meisten der führenden Täufer aus der ersten Generation bereits gestorben. Auch Hans Denk starb Ende 1527 an der Pest. Obwohl er kein Täufer-Märtyrer wurde, sondern sich kurz vor seinem Tod sogar vom Täufertum distanzierte, war er eine prägende Gestalt. Seine spiritualistischen und gnadenorientierten Ansichten sind ein frühes Zeugnis für ein toleranteres Zusammenleben. Eine Übersicht über die vier täuferischen Hauptströmungen in der turbulenten Anfangsphase der Reformation...
Published 07/08/17
Ein halbes Jahr nach Veröffentlichung der Schleitheimer Artikel fand vom 20. - 24. August 1527 in Augsburg eine Konferenz mit 60 Täuferpersönlichkeiten statt. Um sich als junge Bewegung nicht zu spalten, war es wichtig, strittige Fragen zu klären. Hans Hut, ein besonders wirkungsvoller und angesehener Täufermissionar, fand am meisten Unterstützung. Nach der Synode wurden apostolische Boten bis nach Österreich, Mähren und Schlesien ausgesandt. Allerdings kamen viele davon kurz danach um. Die...
Published 07/01/17
Am 24. Februar 1527 traf sich eine Gruppe von Täufern in Schleitheim, um sich miteinander auf ihre Grundüberzeugungen zu verpflichten. Michael Sattler, ehemaliger Prior eines Benediktinerklosters, gilt als Verfasser der "Schleitheimer Artikel". Neben der Betonung der Glaubenstaufe, der Bannpraxis, des Abendmahls als Erinnerungsfeier und der eigenen Wahl der Gemeindehirten ging es auch um folgende Punkte: Absonderung von der Welt, Nicht-Gebrauch des Schwertes und Verweigerung des Eides. In den...
Published 06/24/17
Die Schriften von Balthasar Hubmaier gelten als die klarsten Darstellungen der täuferischen Lehre in der damaligen Zeit. Als Doktor der Theologie führte er die frühe inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Reformator Huldrich Zwingli in Zürich. In Waldshut und Nikolsburg, den Hauptwirkungsstätten von Hubmaier, kam es zu regionalen, Volkskirchen ähnlichen Täufergemeinden. Weil er aber teilweise dem Einsatz von Waffengewalt zustimmte, wurden seine Lehren in den pazifistischen Hauptströmungen nur...
Published 06/17/17
Bei der folgenschweren Taufdisputation im Jahr 1525 in Zürich war neben Konrad Grebel und Felix Mantz auch Wilhelm Reublin dabei. Mit seiner Redebegabung und Entschlossenheit erzielte er später eine breite Wirkung rund um Schaffhausen. 10 Jahre lang engagierte er sich in der Täuferbewegung und durchlief dabei verschiedene Phasen: Von einer breitflächig reformatorischen Hoffnung über ein volkskirchliches Täufermodell bis hin zu einem freikirchlich kommunitären Ansatz. Zum Schluss scheiterte er...
Published 06/10/17
Felix Mantz war der erste Märtyrer in Zürich. Er wurde Anfang 1527 mitten in der Limmat öffentlich ertränkt. Immer mehr gerieten die Täufer unter Druck und wurden verfolgt und ermordet. 1529 wurde auf dem Reichstag zu Speyer II das sogenannte "Wiedertäufermandat" erlassen. Es schuf die rechtliche Grundlage für eine reichsweite und systematische Verfolgung aller Taufgesinnten. Erst in jüngeren Jahren wurde mit der geschichtlichen Aufarbeitung dieses Unrechts im Rahmen des christlichen...
Published 06/03/17