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Die barocke Konvention der langsamen Einleitung verwandelte Beethoven in Philosophie. Den Schluss zögerte er gerne mit einer erweiterten Coda hinaus. Sein eigenes Ende war mit einem Vierteljahr des Leidens verbunden. Es folgten erst die Nachrufe, dann die Verklärung.
Published 11/22/20
Published 11/22/20
Längst haben sich die schönsten Stellen zu Schlagern verselbständigt. Beethoven eroberte die Charts. Eine Auswahl von Lieblingsstücken, mit Gastmusikfetzen aus Bellinis "Norma" sowie von Chuck Berry, John Lennon, Miguel Rios, Walter Murphy und den Toten Hosen.
Published 11/15/20
Zu Fuß wandert man nur knapp zwölf Kilometer vom Beethovenhaus in Baden bei Wien bis zum Schönberghaus in Mödling. Doch in Gedanken tut man einen Jahrhundertsprung: 1823 entstand in Baden das Chorfinale der Neunten, 1918 wurde in Mödling der „Verein für musikalische Privataufführungen“ gegründet. Was lernte Schönberg sonst noch von Beethoven?
Published 11/08/20
Kammermusik war, wie der Name bis heute anzeigt, einst ein Privileg der Happy Few. Als die Duos, Trios, Quartette und Quintette endlich aus der fürstlichen Kammer ausschwärmten ins öffentliche Konzert, waren zunächst Werke mit Bläsern besonders beliebt. Seinen größten Publikumserfolg erzielte Beethoven mit dem Septett op. 20.
Published 11/01/20
Hans von Bülow prägte, überwältigt von Reichtum, Vielfalt und Geschlossenheit dieser zweiunddreißig Werke, das geflügelte Wort vom "Neuen Testament der Klavierspieler". Was haben die großen Pianisten in den letzten hundert Jahren aus diesem Testament herausgeholt, was haben sie hineingelesen?
Published 10/25/20
Statt, wie gewünscht, nur eine Variation über den dummen Walzer mit dem Schusterfleck, komponiert Beethoven für den Verleger Anton Diabelli deren dreiunddreißig. Er zerlegt das Thema. Ein Mikrokosmos der Musikgeschichte entsteht, ein Kompendium des eigenen Komponierens.
Published 10/18/20
Franz Liszt, der die Klaviertranskription in ein Kunstwerk eigenen Rechts verwandelte, betrachtete Beethovens Symphonien als heilige Texte, einen Endpunkt. Für Ferruccio Busoni, den polyphonieverrückten Transkriptionstausendsassa, ist Beethoven nichts weiter als ein Anfang: der erste Schritt auf dem Weg in die Freiheit der Musik.
Published 10/11/20
Beethoven mutierte, wie Thomas Bernhard einmal lästerte, nach seinem Tod zu einem "totalen Staatskomponisten": Sowohl Friedrich Engels als auch Hitler als auch Stalin konnten sich wiederfinden in seiner Musik. Woran liegt das? Und was hielt Beethoven seinerseits von den Politikern seiner Zeit?
Published 10/04/20
Von den intensiven Kontrapunktstudien des jungen Beethoven ist in seinen Kompositionen nichts zu merken. Auch seine erklärte Liebe zu Bach und Händel hinterlässt kaum Spuren im Werk. Erst gegen Ende seines Lebens erfasst ihn einer wahre Fugenpassion: eine Flucht zurück nach vorn.
Published 09/27/20
Unter den letzten Werken Beethovens ist das cis-Moll-Quartett Op. 131 exemplarisch. Dem Verleger schrieb er, es sei "zusammengestohlen aus verschiedenem diesem und jenem". Das sollte ein Scherz sein. Tatsächlich finden sich in den sieben Sätzen alle Merkmale des Beethovenschen Spätstils.
Published 09/20/20
Bei der wahren Art, Beethoven zu dirigieren, spielte Weltanschauung eine wichtige Rolle. Heutzutage kommen außerdem auch noch Besaitung, Besetzung, Tempo und Mikrofonaufhängung dazu. Tripelkonzert und Vierte, zwei Interpretationsvergleiche.
Published 09/13/20
Berlioz wollte als "compositeur-poète" sein Erbe antreten, Liszt transkribierte alle seine Symphonien, Wagner, Mahler, Bruckner und Schönberg betrachteten sich als legitime Nachfolger, und Brahms hörte hinter sich einen Riesen marschieren. Aber keiner komponierte eine Zehnte.
Published 09/06/20
Aus einigen der Melodien, die Beethoven erfand, sind später populäre Volkslieder geworden. Weniger bekannt ist, dass er in seinen Werken zeitlebens, auf den Spuren Herders wandelnd, Volkslieder und Volkstänze zitierte, variierte, versteckte und abwandelte. Ein Streifzug durch das musikalische Souterrain.
Published 08/30/20
Nicht nur Beethovens Werke wurden als ausgesprochen maskulin wahrgenommen. Schon die Idee der absoluten Musik galt als eindeutig männlich konnotiert. Mit ihrem Buch "Feminine Endings" legte Susan McClary eine Lunte an dieses Dogma. Sie erklärte den Themendualismus der klassischen Sonatenform für sexistisch und erkannte in Beethoven einen "male chauvinist", der in seiner Musik zur Gewalt gegen Frauen aufrufe.
Published 08/23/20
Die ersten Musikkritiken, die Beethoven über sich las, waren blutige Verrisse. Erst um die Mitte seines Lebens erfuhr er vereinzelt auch Ermutigung, die alsbald umschlug in abgöttische Verehrung. Kein Komponist vor ihm wurde schon zu Lebzeiten zu einer Kultfigur – und damit Opfer einer ruhmgeschützten Geschichte des Nicht-Verstehens.
Published 08/16/20
Mit dem Ruhm Beethovens wuchs auch die Schar seiner Satelliten. Die Konkurrenz war groß unter den jungen Musikern, die sich Schüler Beethovens nannten und für ihn arbeiteten, als Kopist, Assistent oder Privatsekretär. Nur wenige machten sich selbstständig als Virtuose und Komponist wie Carl Czerny und Ferdinand Ries.
Published 08/09/20
Er konnte beides sein: zärtlich sorgender Familienmensch und zugleich kalt-kauziger Hagestolz. Die Dialektik dieses zerklüfteten Privatlebens führte lange nach Beethovens Tod, im Licht der Psychoanalyse, zu neuen Fragen: War er eventuell homosexuell? Und wie kam es zu der Tragödie um seinen Neffen?
Published 08/02/20
Kaum hatten die Bilder laufen gelernt, kam Beethoven ins Kino. Der erste Stummfilm entstand 1909 in Frankreich. Seither sind rund siebzig Beethovenfilme gedreht worden. Befreit von den Fesseln historischer Fakten erfinden sie immer neue Heldensagen, vom "Märtyrer des Herzens" bis zum Weltretter am Synthesizer.
Published 07/26/20
Er liebte die Dichter: Goethe, Schiller, Klopstock, Herder - umgekehrt hielt sich Goethes Gegenliebe in Grenzen. Obgleich man Beethoven nachsagte, dass er für Vokalmusik kein Händchen habe, beginnt doch mit ihm erst die Geschichte des modernen Klavierlieds.
Published 07/19/20
Franz reimt sich auf Glanz, wenn Beethoven die versammelten Fürsten Europas begrüßt. Seine Geschäfte laufen prächtig beim Wiener Kongress. Aber auch als Ehrenbürger Wiens zieht Beethoven immer wieder fluchtartig um - Kehrseite des äußeren Erfolges ist die innere Emigration.
Published 07/12/20
Keiner aus der jüngeren Komponistengeneration kam an Beethoven vorbei. Schumann idealisierte ihn, er liebte vor allem das Spätwerk. Schubert fürchtete ihn, er fand das Spätwerk eher „bizarr“. Verehrt haben ihn beide. Über die Spuren des Vorbilds in ihren Werken.
Published 07/05/20
Die Sinfonie Nr.9 ist mehr als nur eine Sinfonie. Sie ist Politikum, Manifest, Tempel, Vermächtnis, Riesenideengebirge und Nationaldenkmal. Sowohl die Achtundvierziger wie die Arbeitermusikbewegung, die Nationalsozialisten, BRD und DDR haben sich ihrer bedient.
Published 06/28/20
Als guter Katholik lebte Beethoven in Achtung vor den Sakramenten, er ging zur Messe, zur Beichte. Daneben befasste er sich mit dem Hinduismus, der Freimaurerei und anderen Welt- und Gottesbildern. Kirchenmusik ist ihm allemal Glaubensprüfung, seine Missa solemnis bittet um inneren und äußeren Frieden.
Published 06/21/20
Der technische Fortschritt im beginnenden Industriezeitalter interessierte Beethoven sehr. Seine Begeisterung für die Erfindung des Metronoms macht vor allem den Pianisten Kummer, bis heute streiten sie über Richtgeschwindigkeiten. Weniger folgenreich, dass er sich eine der ersten Espressomaschinen kaufte.
Published 06/14/20