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In dieser Folge geht es um ein Gedicht, das die Mechanismen im Umgang mit der Klimakrise offenlegt. Außerdem wird ein neuer methodischer Zugang zu Lyrik vorgestellt. Die Kühe sind schuld Die Kühe sind schuld  am Schlamm am Schlamassel am maßlosen Regen, hinterlassen Paarhuferspuren im All im allgegenwärtigen Klima, killen den Himmel, die wahren Sünder, heißt es, seien die Kühe. Doch die wissen von nichts. Verlangen nicht viel: Wollen nur grasen, weiche Nasen ins Grün drücken, das...
Published 04/17/24
Published 04/17/24
Weihnachten ist die Zeit der Besinnung, die Zeit der Kinder, auch eine melancholische Zeit und nicht zuletzt eine Zeit der absurden Rituale und nervenaufreibenden Familienfeiern. Anhand von drei Gedichten sollen Schlaglichter auf diese Zeit geworfen werden, wenngleich es sich nicht um die ganz typischen Weihnachtsgedichte 'unterm Tannenbaum' handelt. Rainer Maria Rilke Das KarussellJardin du LuxembourgMit einem Dach und seinem Schatten drehtsich eine kleine Weile der Bestandvon bunten...
Published 12/22/23
In der heutigen Folge soll erneut ein pazifistisches Gedicht im Mittelpunkt stehen. Es ist nicht das erste auf diesem Kanal, was zeigt, wie wichtig mir das Thema ist. Wichtig einerseits und andererseits erschütternd, wie wenig der Mensch dazuzulernen scheint, wie blindwütig er sich anschickt, munter die alten Fehler zu wiederholen und zu wiederholen und zu wiederholen. Das tut aber der Größe dieses Textes, der keinesfalls blind, sondern geradezu hellsichtig zu nennen wäre, keinen...
Published 12/08/23
Im strengen Sinne ist der Text natürlich kein Gedicht, auch wenn er sich durch eine ausgeprägte Sprachrhythmik und hohe Bildlichkeit auszeichet. Ich möchte dieses Manifest des Pazifismus aber gerne mit allen Hörer:innen teilen und hoffe, dass der Text bei allen einen so bleibenden Eindruck hinterlässt, wie bei mir. In der Folge bleibt es bei der Rezitation - ohne jeden Kommentar, denn der ist überflüssig!
Published 11/22/23
Am Beispiel von Johannes R. Bechers Gedicht "Ballade von den dreien" erkläre ich, wie man vorgeht, um ein Gedicht vorzutragen. Ballade von den dreien Der Offizier rief: „Grabt den Juden ein!"Der Russe aber sagte trotzig: „Nein!" Da stellten sie den in das Grab hinein.Der Jude aber blickte trotzig: „Nein!" Der Offizier rief: „Grabt die beiden ein!"Ein Deutscher trat hervor und sagte: „Nein!" Der Offizier rief: „Stellt ihn zu den zwein!Grabt ihn mit ein! Das will ein Deutscher...
Published 10/29/23
In der zweiten Folge zu Rainald Grebe geht es schwerpunktmäßig um seinen genresprengenden Roman 'Global Fish' von 2006. Hier gibt es keine klare Abgrenzung von Epik, Lyrik oder Dramatik - in den Roman sind immer wieder kleine Gedichte und Lieder, die der Autor auch vertont hat, eingebaut. Ein zentraler Reflexionstext des Romans ist das folgende Gedicht: An Deck machte ich mir Gedanken Führte Selbstgespräche zum Thema: Worum geht es. Es geht doch darum, sagte ich laut, wenn ich...
Published 10/06/23
Wie funktionieren politische Texte? Was sind ihre Strategien? Das wird in dieser Folge an 4 Beispielen gezeigt. Die ersten beiden Texte sind von Gottfried August Bürger (der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyann) und Christian Fürchtegott Gellert (das Kutschpferd). Ich kann sie hier leider nicht vollumfänglich zitieren, da die Shownotes auf 4000 Zeichen begrenzt sind. Dafür aber im Folgenden die anderen beiden Texte in ganzer Länge: Theodor Fontane Berliner Republikaner (um...
Published 09/26/23
In diesem zweiten Teil wird die Lyrikaufgabe aus dem Nachschreibepool für Niedersachsen 2023 besprochen. Außerdem teste ich in dieser Folge ChatGPT als Interpretationsassistenten auf Herz und Nieren. Erich Kästner Das Eisenbahngleichnis   Wir sitzen alle im gleichen Zugund reisen quer durch die Zeit.Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.Wir fahren alle im gleichen Zug.Und keiner weiß, wie weit. Ein Nachbar schläft, ein andrer klagt,ein dritter redet viel.Stationen werden angesagt.Der Zug,...
Published 08/04/23
Das Niedersächsische Deutschabitur ist geschrieben und kontrolliert - jetzt ist wieder Zeit für Lyrikschule! Und aus gegebenem Anlass werfen wir einen Blick auf eben jene Lyriktexte, die das Abitur bereithielt. Ein moderner und ein klassischer Text sollen verglichen werden. Beide haben ein lyrisches Subjekt im Zentrum, das nach der Stille und Abgeschiedenheit einsamer Orte sucht. Warum? Bleibt spekulativ. Ist das die große Kunst, ist das der Maßstab, an dem sich ein Abitur bemessen lässt? Wir...
Published 06/04/23
Die Phänomene der Großstadt sind seit der Literaturepoche des Expressionismus fester Bestandteil der deutschen Lyrik. Häufig wird die Großstadt negativ bewertet, aber es gibt auch Ambivalenzen, insbesondere in zeitgenössischen Texten. Ich führe das an Paul Boldts Klassiker "Auf der Terrasse des Café Josty" vor und vergleiche dieses mit "Schwarz zu Blau" von Peter Fox und "Aufs Land" von Rainald Grebe. Auf der Terrasse des Café Josty Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll Vergletschert...
Published 04/07/23
Dass wir nicht frei sind im Leben, ist kein Gedanke der Neuzeit. Aber Enzensberger dekliniert die Unfreiheit des Menschen in seinem Gedicht geburtsanzeige so radikal durch, wie kaum ein anderer und zeigt, dass der Mensch von der Wiege bis zur Bahre ein determiniertes Wesen ist. Ihm werden Religion, ökonomische Zwänge und gesellschaftliche Verpflichtungen oktroyiert. Ob man sich dagegen wehren kann? Wer weiß ... vielleicht, indem man Lyrik liest.  geburtsanzeige wenn dieses bündel auf...
Published 03/10/23
Walther von der Vogelweide ist fraglos der bekannteste deutsche Minnesänger und wenn in der Schule bereits ein Text von ihm gelesen wird, dann am ehesten wohl das 'Lindenlied'. Doch warum eigentlich? Was zeichnet diesen Text aus, dass er sich als kanonisch etablieren konnte? Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse): https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0256/image,info Under der linden Under der linden an der heide, dâ unser zweier bette was, Dâ muget ir...
Published 02/04/23
Kann ein Computer Kunst erzeugen? Lesen wir in Zukunft nicht mehr Goethe, Brecht und Kaléko, sondern KI-Kunst? In dieser Folge teste ich einige Befehle mit der gerade ziemlich heiß diskutierten KI 'ChatGPT'. Ich empfehle hier, auch das Youtube-Video anzusehen, da dort auch KI-generierte Bilder zu sehen sein werden! Link: https://youtu.be/S7e0-S5XdrM Zwei der Gedichte, die die KI mir geliefert hat - jeweils der erste Versuch (!): "Verloren in Gedanken" Ich sitze hier allein, in Dunkelheit...
Published 01/27/23
Robert Gernhardt wird gerne in die Tradition Wilhelm Buschs gestellt und das zurecht, hat er mit diesem doch den satirischen Tonfall und die Doppelbegabung als Dichter und Zeichner gemein. Man verkennt Gernhardt aber, wenn man ihn darauf reduziert. Sein Werk kennt auch existenzielle Themen, wie am Beispiel zweier Gedichte zum Thema 'Körper' gezeigt werden soll. Siebenmal mein Körper Mein Körper ist ein schutzlos Ding, wie gut, daß er mich hat. Ich hülle ihn in Tuch und Garn und mach ihn...
Published 01/13/23
Rainald Grebe ist seit vielen Jahren einer meiner Lieblingsautoren. In dieser Folge stelle ich den Theater- und Liedermacher, aber auch den Romanautor Grebe vor und werfe ein paar Schlaglichter auf einige meiner liebsten Lieder von ihm. Auf Youtube finden sich die meisten Songs von Grebe, es lohnt zu stöbern! Außerdem sei auf seine Homepage mit aktuellen Terminen verwiesen: https://rainald-grebe.de/ Zum vertieften Weiterlesen empfehle ich die folgenden Aufsätze: Tilman Venzl (2022):...
Published 12/31/22
Hans Magnus Enzensberger ist gestorben und aus diesem Grund lassen wir seine Texte aufleben. Gerade der Text 'Zur Frage der Reinkarnation' offenbart uns einige ganz entscheidende Facetten, wenn es um Enzensbergers Denken, um sein Verhältnis zur Natur und zur Menschheit geht. Enzensberger Zur Frage der Reinkarnation Die Fliege stört mich. Ich betrachte die Fliege, beschreibe sie, wie sie die Taster rührt, die dreigliedrigen, dicht gefiederten Fühler, wie sie sucht, saugt, schöpft ...
Published 12/06/22
Heute geht es um Johannes R. Becher, einen der wichtigsten Dichter der frühen DDR. Wie wurde er zu dem Schriftsteller, der Schreiben und Politik als untrennbar begriff? In dieser Folge blicken wir auf einen frühen Text von ihm, in dem schon der Keim für die spätere Entwicklung in Bechers Biografie zu sehen ist. Vorbereitung Der Dichter meidet strahlende Akkorde. Er stößt durch Tuben, peitscht die Trommel schrill. Er reißt das Volk auf mit gehackten Sätzen. Ich lerne. Ich bereite vor....
Published 11/04/22
Am Ende des Sommers überkommt uns häufig ein gewisses Gefühl der Melancholie. Wir halten fest an den Eindrücken, die wir erlebt haben. Auf besonders kunstvolle Weise hat Gottfried Benn diesen Moment in Worte gebannt. D-Zug Braun wie Kognak. Braun wie Laub. Rotbraun.                                                   Malaiengelb. D-Zug Berlin - Trelleborg und die Ostseebäder. – Fleisch, das nackt ging. Bis in den Mund gebräunt vom Meer. Reif gesenkt. Zu griechischem Glück. In...
Published 09/23/22
Ist das ein Gedicht? Kann Juristerei Lyrik sein? Und was hat das mit der  68er-Revolution zu tun? Diese Fragen werden im Zusammenhang mit Peter  Handkes Text gestellt und beantwortet.   Die drei Lesungen des Gesetzes 1. Jeder Staatsbürger hat das Recht – Beifall seine Persönlichkeit frei zu entfalten – Beifall insbesondere hat er das Recht auf: Arbeit – Beifall Freizeit – Beifall Freizügigkeit – Beifall Bildung – Beifall Versammlung – Beifall sowie auf Unantastbarkeit der Person...
Published 09/16/22
Märchen im Gedicht - geht das? Ist das kein Widerspruch? Und wenn es das gibt, handelt es sich dann einfach um klassische Märchen in Versform oder gibt es noch andere Möglichkeiten, mit der Gattung Märchen zu spielen? Diese Frage soll an vier Texten verfolgt werden. Ingrid Herta Drewing Märchen Die Märchen, die wir lieben, das Leben nimmt sie fort, und alles, was geblieben, ist der Erinnerung Hort. Doch auch das stille Hoffen, es werde eines wahr. Die Pforte ist noch offen, das Kind in...
Published 09/02/22
Soll man Gedichte analysieren oder nicht? Gibt es Alternativen dazu? Und was gilt für den Unterricht? Das sind die Fragen für die heutige Folge, bei deren Beantwortung ich mich auf namhafte Größen im Literaturbetrieb stütze. Johann Wolfgang von Goethe Gedichte sind gemalte Fensterscheiben Gedichte sind gemalte Fensterscheiben! Sieht man vom Markt in die Kirche hinein, Da ist alles dunkel und düster; Und so siehts auch der Herr Philister. Der mag denn wohl verdrießlich sein Und lebenslang...
Published 08/26/22
Eine der bekanntesten Balladen Schillers ist Thema dieser Folge. Da der Text für die Shownotes zu lang ist, kann er hier nachgelesen werden: https://de.wikisource.org/wiki/Der_Taucher Der Tauchenichts » Wer wagt es, Knappersmann oder Ritt, zu schlunden in diesen Tauch? Einen güldenen Becher habe ich mit, den werf ich jetzt in des Meeres Bauch! Wer ihn mir bringt, ihr Mannen und Knaben, der soll meine Tochter zum Weibe haben!« Der Becher flog. Der Strudel zog ihn hinab ins greuliche...
Published 07/08/22
Manchmal überkommt uns das Gefühl, dass wir und unser Handeln folgenlos, unwichtig und irrelevant sind. Schon im Sisyphus-Mythos kommt diese Idee zum Tragen. Hilde Domin, die Dichterin des Dennoch, widmet sich im heutigen Text genau dieser Erfahrung und setzt ihr eine kleine trotzige Hoffnung entgegen.  Wie wenig nütze ich bin Wie wenig nütze ich bin, ich hebe den Finger und hinterlasse nicht den kleinsten Strich in der Luft. Die Zeit verwischt mein Gesicht, sie hat schon...
Published 07/01/22
Was macht ein formvollendetes Gedicht aus? Und warum inspirieren gerade römische Brunnen zwei so hochkarätige Autoren wie C.F. Meyer und Rilke? Diesen Fragen soll heute nachgegangen werden. Conrad Ferdinand Meyer Der römische Brunnen (7. Version, 1882) Aufsteigt der Strahl und fallend gießt  Er voll der Marmorschale Rund,  Die, sich verschleiernd, überfließt  In einer zweiten Schale Grund;  Die zweite gibt, sie wird zu reich, Der dritten wallend ihre Flut, Und jede nimmt und gibt...
Published 06/24/22